Ich kann die ganze Rocky Horror Picture Show auswendig mitsingen. Jedes einzelne deppate Lied. Nicht weil ich etwa so ein Fan wäre. Sondern weil ich mit 16 Jahren, den ganzen verdammten Sommer 1990, nachmittags bei 37 Grad Außentemperatur im Keller eines Hotels gesessen bin und Bettwäsche aufgebügelt hab. Bei mir war nur mein roter Radio mit Doppelkassettendeck vom Donauland und der Soundtrack der Rocky Horror Picture Show.
Während man üblicherweise im Sommer wo man 16 wird mit anderen Dingen beschäftigt ist, Koma-Saufen, Moped-Rennen, Schwangerschaftstests. Oder von mir aus zum internationalen katholischen Jugendtreffen zu pilgern. Aber nein, die Frau Gscheit hat geglaubt sie steigt jetzt schon mal testweise ins Berufsleben ein, sahnt mal richtig ab. 2 Monate im Hotel. Juli und August. 5.000 Schilling für 2 Monate. 1 Tag frei pro Woche.
Die Hotellerie-Karriere hat begonnen im Service. Weil potschert sein nicht die allerbeste Voraussetzung dafür ist, und der Wiener dem ich die Gulaschsuppe in den Schritt (!) geleert hab, das wohl auch so gesehen hat, bin ich recht rasch befördert worden. Vom Service – ins Zimmer-Service. Das hat sich gut getroffen, weil die eigentlich Zimmer-Service-Kraft ist grad wegen irgendeinem toxischen Medikamenten Thema in Kombination mit Alkohol für längere Zeit ausgefallen. Also ich hab ich lustig singend pro Tag zahlreiche Häusln geputzt, Böden gesaugt und Papillon-Schokolade auf Kopfpolstern verteilt – mehrheitlich hab ich die Papillon selber gegessen. Indirekte Bezahlung. Das war am Vormittag.
Am Nachmittag bin ich dann immer im Keller gesessen. In einem 5m2 Raum umzingelt von drei Meter hohen Bettwäschebergen. Eh fast 40 Grad und dann noch dieses Bügelmaschinenmonster. Der Dampf! Die Hitze! Da kann man nur mehr singen. Was soll man da sonst machen? Ich war eh fernab von jeglichem Gästekontakt. Also hab ich halt lautstark mit meiner Rocky Horror Picture Show Kassette mitgesungen. Hat auch gut gepasst: „Touch-A Touch-A Touch Me – I wanna be dirty…“, das hab ich besonders inbrünstig gesungen als ich die Anweisung von Oben bekommen hab, Bettwäsche von 1-Tages-Nächtigungen nur „Aufzubügeln“….
„Over at the Frankenstein Place“ hab ich auch sehr passend gefunden von dem Soundtrack, oder „I´m going home“. Das hab ich mir zwar jeden Tag gedacht, I´m going home, es aber nie getan. Bis zum bitteren Ende hab ich das durchgezogen. Weil man lernt auch immer irgendwas fürs Leben. Von den bayrischen Gäste zum Beispiel, hab ich gelernt, dass wenn man ein Stamperl Schnaps in ein großes Bier rein gibt, das „Uboot“ heißt und der nächste Arbeitstag dann eher problematisch wird.
Seit diesem Sommer gebührt mein größter Respekt allen Angestellten in der Hotellerie.