Mama, warum muss man störben?

Jössas Maria! Die Frage trifft mich völlig unvorbereitet, gerade als ich einen 3mm Drehbohrer mitten in die Kastanie ramme.

„äh, ja. öh. Schatz. Das dauert eh noch lang“

Mir wird klar, das die Antwort möglicherweise nicht so ganz zufriedenstellend beim 5jährigen Empfänger ankommen wird.

„Aber warum Mama? Warum müssen alle störben?“

„Schatz, warte kurz!  Mami geht nur schnell lulu. Bin gleich wieder da. Dann besprechen wir das!“

Schnell rennt Mami aufs Häusl und befragt das allwissende Handy. Das is eine heikle Frage, da muss man aufpassen. Ich sehe schon Regressforderungen auf mich zukommen. Therapeutenkosten. Weil später sind immer die Eltern an allem schuld, weil sie in der frühkindlichen Phase die falschen Antworten gegeben haben. Also jetzt bloß nix falsch machen! Wie erklär ich das mit dem Leben und Sterben. Lebenszyklus? Produktlebenszyklus ist das Einzige was mir gach einfällt. Den könnte ich gut beschreiben, da gibt es folgende Phasen im Leben von Produkten aus betriebswirtschaftlicher Sicht:

Einführung – Wachstum – Reife – Sättigung – Degeneration.

Ok. Bei genauerer Betrachtung kann man durchaus Analogien zum echten Leben finden. (Bin ich etwa schon in der Sättigungsphase??) Aber bereits die erste Phase (Einführung) kann ich nimma jugendfrei erklären. Also lassen wir das. Fragen wir lieber schlaue Elternseiten im Internet. Die wissen immer alles.

„Vermeiden Sie Euphemismen (das sind beschönigende Beschreibungen)“, rät zum Beispiel babycenter.de. Man soll nicht sagen, dass jemand „von uns gegangen ist“, weil sonst haben die Kinder Angst wenn man „zur Arbeit fortgeht“.  Ich muss daran denken, wie ich bei meinem ersten Wiener Freund Eindruck schinden wollte, mit Gemeindebau üblicher Ausdrucksweise. „Pfiat di, i dra mi jetzt ham“, hab ich gesagt bei der Verabschiedung nach einem romantischen Abend. Ich dachte das is voll cool und macht mich gleich ein bissl urbaner. Wenn er sich schon so ein Landei anlacht, dann soll er sich wenigstens sprachlich wie daheim fühlen. Also hab ich mich bedient am Repertoire von Wolfgang Ambros oder Edmund Sackbauer (Mundl). Weil das war Wien für mich. So mussten Wiener bestimmt sein. Dass „i dra mi ham“ auf wienerisch allerdings nicht bedeutet „tschüß bis morgen, ich fahr jetzt heim!“ sondern „ich bring mich um“, das hätte man mir halt dazusagen müssen. Dann hätte mein Freund damals nicht so besorgt schauen müssen…

Zurück zur Frage des Kindes.  Ewig kann ich mich auch nicht am Klo davor drücken. Familie.de rät: „…beantworten sie die Frage mit einer Gegenfrage. Wie stellst du dir das Leben nach dem Tod zum Beispiel vor?“

Was ist den das bitte für eine Globuli Erklärung??? Da kann ich gleich einen Bausparer mit dem Losungswort „Psychotherapie“ für das Kind eröffnen. Da kann es sich dann jahrelang lustige Gegenfragen anhören.

Nix. Aus. Ich stelle mich der Diskussion und ringe mit Worten. Versuche zu erklären. Schönes zu sagen. Es ist schwer. Wirklich etwas gscheites fällt mir nicht ein. Das gscheite sagt dann das Kind:

„Mama, man darf sein Leben nicht mit schiachen Sachen verbrauchen.“

Wie recht sie hat!

„Mama, man muss auf sein Leben aufpassen und darf es nicht zum Stolpern bringen.“

Was für ein Satz.