Ich wohn in einer äußerst unhippsterischen Gegend. Wenn ich mich so richtig vom Trend umgeben fühle möchte, steig ich in die U3 und fahr in den 7. Wenn ich wieder zurück komme ist alles wieder angenehm normal. Das hippeste im Grätzel ist maximal der heuer errichtete Gemeinschaftsgarten neben der Bim Haltestelle, oder wenn sie beim Chinesen Café Latte ausschenken. Gut ab und zu ein paar Verfolgungsjagden, aber das wars dann schon an Aufregung hier.
Jetzt geh ich grad den üblichen Weg von der U3 nach Hause und sehe wie eine neue Beschriftung auf einem Haus montiert wird. Seit 8 Jahren geh ich da regelmäßig vorbei und noch nie wäre mir die Schrift aufgefallen. Die Buchstaben sind aber alt und alles ergibt keinen Sinn. Da steht „Ab heute wirkst du link“ ??? Hä?!???
Also steuere ich die Buchstaben-Klebe-Frau an und frage ob das schon so fertig sei und was da reinkommt. KPÖ, RAF, die rote Zora? Ich sorge mich um den Frieden hier – ausgenommen die Verfolgungsjagden.
„Das ist ein Projekt.“
Meine Hippster Alarm Glocken schlagen an. Es fängt immer alles mit einem Projekt an. Zerscht Projekt, dann Pop Up, dann Pleite. Die 3 P’s.
„Wir machen Leerstandsanagrame!“, erklärt sie mir freundlich.
Oh ja, Anagram hab ich schon mal gelesen beim Dan Brown.
„Aus alten Hausbeschriftungen machen wir neue Botschaften“
Und gleich krieg ich den typischen Hippster Orden überreicht: einen Flyer.
Auf den Flyer steht was von einem Projekt in 1170, wo aus dem Gasthaus Resi-Tant der Schriftzug „Resistant“ gebildet wurde. Es gibt auch eigene Leerstandsanagramme Rundgänge. Durch Meidling, Ottakring oder die Brigittenau.
Ich seh schon die Rundgängler über unser Vierterl hereinfallen!!! Lang wird es nicht mehr dauern. Aber gut spätestens beim 1. Blaulicht Tatütata bei 130km/h sind sie eh wieder weg.
Und ich sitz jetzt da und kann nicht mehr aufhören Anagramme im Kopf zu bilden… das verfolgt mich jetzt.