Zeitumstellung mit Leiche (Teil 1 von 2) 

Tatort Konditorei in der Wiener Vorstadt.

Während das Kind Schauspiel Generalprobe in der Waldorf Schule nebenan hat, warte ich in der Konditorei daneben. 

Braunes Holzinterieur, Spannteppich, Rolladen und Marzipan Kartoffeln in der Vitrine. Jedes von den kleinen Kaffehaus Tischerln ist besetzt. Jedes mit exakt einem Herrn im besten Pensionisten Alter. Warum sie nicht zusammen sitzen erschließt sich mir noch nicht, weil jedes Mal wenn die Tür aufgeht und der Sturm von draußen einen neuen Herren hereinweht, wird er von allen recht freundlich begrüßt. „Grüß Sie Gott, Herr Heinz!“ 

Sie kennen sich alle, aber man sitzt doch lieber allein am Tischerl und redet über die Tische hinweg miteinander. 

„Herr Franz, nächste Woche dürfen’s nicht her kommen, da sind Dreharbeiten hier im Café!“

„Wos drehn’s denn?“, fragt der Herr Franz.

„Schnell ermittelt! Owa do dürfen nur scheene Leit kumma!“ 

Dann mischt sich auch der Herr Kurt hinein, der gleich beim Eingang sitzt und mit seinem weißen Achterl fast hinterm Garderobenständer verschwindet. „Schurli“, sagt er zum Herrn mit dem Stiegl Bier, „du kannst kommen, weil die suachn eh no a Leich!“ 

Ich bin die einzige Frau im Lokal. Wo die Gattinnen verblieben sind trau ich mich nicht fragen. Dann geht wieder die Tür auf und eine jüngere Frau um die 35 kommt herein. Mit ihrer schicken teuren Moncler Daunenjacke steuert sie die Budl an.

„Haben Sie einen Wodka?“, fragt sie und schlagartig verstummen der Herr Heinz, der Herr Franz und der Herr Kurt. 

„Wir haben leider keinen Wodka“, antwortet die freundliche Konditorei Mitarbeiterin.

„Vielleicht einen Tequilla?“, fragt die Daunenjacken-Frau weiter, „ich brauch es nur wegen der Nerven.“ 

Die Herren und ich beobachten interessiert wie die Spitzenschürzen Mitarbeiterin eifrig aber leider erfolglos in jede Lade schaut.  Der Chef des Hauses wird zu Rate gezogen. „An Marüllenen hätt ma“, sagt er. 

„Normalerweise nicht so früh,“ murmelt die Dame vor sich hin, „aber die Nerven und die Zeitumstellung…“ 

Sie nimmt das randvolle Schnapsglas und trinkt es auf Ex. 

Abgang. 

Als sie draußen ist, schauen sich die Herren ratlos an. 

„Jo die Zeitumstellung!“, unterbricht der Herr Franz das Schweigen und hebt sein Achterl.

„Prost! Auf die Leich!“