Man sollte seine Stadt ab und zu auch mal aus einem anderen Winkel sehen. Abseits der Pfade. Genau das war meine Mission gestern Abend…
Gut, bei der Anreise in der überfüllten 60er Strassenbahn gab es nicht viel alternative Seh-Winkel. Meine linke Seite ist dicht gedrängt auf der Scheibe gepickt, meine rechte Seite wurde von einem jungen Pärchen stabilisiert. Ein leichtes Alkohollüfterl ist von ihm ausgegangen. Es war sehr eng, grad noch soviel Platz, dass ich mein Handy aus der Tasche stirln konnte um die Zieladresse einzugeben. Reindorfgasse im 15. Bezirk.
„Da könnens gleich mit mir mitkommen“, hat die junge Frau vom Pärchen plötzlich zu mir gesagt und dabei auf mein Handydisplay gedeutet. Es hat offenbar auch praktische Vorteile wenn man so eng zusammenpickt. (Und die neue Datenschutzverordnung ist ja eh erst Ende Mai in Kraft… also insofern kann man noch gut auf fremden Displays mitlesen)
Bei der nächsten Station steigen wir aus. Äussere Mariahilferstrasse. Nicht zwingend der Beauty Hot Spot von Wien. Das Pärchen geht voran, ich folge ihnen auffällig. Wie ein entlaufener Hund auf der Suche nach Futter. Stolz schon mal einen Pfad verlassen zu haben.
„Wo genau müssen Sie denn hin?“
„Ins Buchcafe Melange. Dort ist eine Lesung.“
„Schau“, sagt sie vorwurfsvoll zu ihrem leicht wankenden Freund. „Man kann auch zu einer Lesung in ein Cafe gehen, nicht immer nur um zu trinken.“
Jetzt tut er mir ein bissi leid.
„Vielleicht trink ich aber auch was.“ wende ich entschuldigend ein.
„Na bitte schön“, ruft er dann freudig aus. „Das mit der Lesung ist also auch nur ein Alibi zum Saufen!“
Mehr über die Lesung und dass ich mich dann auch noch blitzverliebt habe hier bei den Fotos: