Geheim und unter Verschluss

2x im Jahr sichere ich meine Fotos auf eine externe Festplatte. Auf der sind seit 2003 alle meine Fotos archiviert. Nicht dass ich die regelmässig anschauen würde, aber später, wenn ich dann im Heim bin, möchte ich sitzen mit meinem „Mac Book 2069“ und die Betreuerin fragen: wer war die Frau auf den Fotos? Wenn’s schlecht läuft, mit dem Erinnerungsvermögen.

Wenn’s gut läuft mit der Erinnerung, werde ich meine Betreuer zwingen alle meine Blogbeiträge zu lesen.

Weil das natürlich alles nur möglich ist, wenn diese Festplatte nicht gestohlen wird, habe ich heute ein neues Zuhause dafür gefunden.
Es wird ja dauernd wo eingebrochen und weil es bei uns sonst wirklich nichts zu holen gäbe, wäre das der wertvollste Gegenstand den diese Wohnung hergibt.

Die Suche nach einem neuen Heim war gar nicht so leicht, weil alle Plätze von Penzing bis Donaustadt: ausgebucht!
Einzig ein Institut auf der Meidlinger Hauptstrasse hatte ein Platzerl für mich frei.
Ich find den Gedanken eh schön, dass meine Erinnerungen auf der Meidlinger Hauptstrasse in Sicherungsverwahrung sind, denn das war auch meine erste Anlaufstelle als ich nach Wien ausgewandert bin. Zurück zum Ursprung…

Ich war ja noch nie in einem Bank Safe Raum. Alles sehr aufregend. Man wird hinbegleitet, hinter einer schweren Eisengitter Tür sind dann die zahlreichen Safe Kastln.
Dort wird man dann diskret allein gelassen mit seiner Box und kann dann einfach den Türöffner betätigen um wieder rauszukommen. Oder auch nicht. Einmal wäre eine Frau nicht mehr rausgekommen, hat mir der Mitarbeiter erzählt. Bei Dienst Schluss habe man ihre Schreie gehört.
„Ohne Klo?“, denk ich mir. Auch subopti.

Ob der Inhalt kontrolliert werde, frage ich den Mitarbeiter, der auch Sturm Fan ist, wie er mir begeistert erzählt, als er meiner steirischen Herkunft auf die Schliche kommt. „Nein“, sagt er schulterzuckend. „Aber was wäre, wenn da jemand Rauschgift, Hehlerware oder Raubkopien lagern würde?“, frage ich. Ich weiss eh nicht mal richtig, was Hehlerware ist, aber es klingt verwegen.
Für einen Sekundenbruchteil zieht er den Schlüssel wieder weg von mir.
„Schäääärz“, sage ich und nehme den Schlüssel lieber gleich an mich, bevor er einen endgültigen Rückzieher macht.
Wenigstens kann ich jetzt sicher sein, dass die ein gutes Auge auf mein Facherl haben werden.

Ein Schliessfach im Volumen eines Schuhkartons auf der Meidlinger Hauptstrasse. Das wird alles sein was bleibt. Aber es is das wertvollste was man besitzen kann: Erinnerungen.

Und 2069 werde ich ihn dann hoffentlich noch laut und falsch und mit den künstlichen Waffeln im Mund im Heim singen:

„Oh, when I look back now
That summer seemed to last forever
And if I had the choice
Yeah, I’d always wanna be there
Those were the best days of my life“

(Bryan Adams, Summer of 69)