Von meinem Liegeplatz bis zur Strandbar sind es genau 50 Sonnenschirme a zwei Liegen. Die Hälfte der liegenden Menschen liest Bücher. Der Rest tippt oder wischt. Ich geh dann immer ganz gebückt vorbei um zu schauen, was da so gelesen wird. Vorteil meiner Grösse: weit muss ich mich eh nicht bücken. Ab und zu muss ich nur aufpassen, dass ich nicht mit den Animateuren kollidiere, die die Disco hier am Gelände bewerben. Heute haben sie eine perfide neue Strategie angewendet. Zusätzlich zum Typen („hello, how are you?“) haben sie noch eine heiße Schnitte mitgeschickt (ist das jetzt sexistisch? Wurscht.) Ihr Text: „He, ich bin hier für die Deutschen zuständig“.
Bitte, den Zuständigkeitsbereich hätte so mancher Urlaubsgast wohl gerne etwas flexibler gehandhabt. Egal.
Gestern hab ich „die letzten schönen Tage“ von Helmut Krausser gelesen. Vor lauter Aufregung, weil es schon wieder so super ist, hab ich das Buch beim Lesen leider überdehnt und plötzlich hatte ich 50 lose Seiten in der Hand. Mit eingeringelten Stellen. Doppelt unterstrichenen Formulierungen. Eselsohren bei besonderen Passagen.
Zum Glück verkaufen die hier so Riesenkluppen, die Basisausstattung für Handtuchreservierer, und für mich zum freihändig Buch lesen. Auch mit losen Blättern.
Ach ja, worum es in dem Buch geht?
Ist eigentlich sekundär, weil der Stil ist so grossartig. (Habe ich das Wort grossartig schon mal verwendet?) Es sind wieder kurze Kapitel. Wo sich der Zusammenhang wieder erst am Ende klärt. Eine pensionierte Lehrerin auf Reisen mit ihrer „Freundin“. Eine unvorsichtiges, junges Mädchen. Eine Dreiecksbeziehung. Ein essgestörter Kater. Und dann das Ende! Ich liebe diese Enden! Schräg. Überraschend. Nicht vorhersehbar.
Wenn ich mir eine Superkraft wünschen könnte, dann jemals genauso Bücher schreiben zu können.
Inzwischen konzentriere ich mich auf das was ich gelernt habe: Werbung.
Am liebsten würde ich meine losen Blätter jetzt am Ende des Urlaubes an die lesenden Gäste hier verteilen. Jeder kriegt nur ein Blatt als Teaser. Ich geh dann durch und sage „he, ich bin hier fürs Lesen zuständig…..“
Also:
„Die letzten schönen Tage“
Es gibt kein besseres Buch für den bald ausklingenden Sommer….
Lesen, lesen, lesen!!!