Herkunft. Was is schon Herkunft.
Die Stelle, wo Einer in seiner Schule in Jugoslawien einen Zettel auf den Tisch prackt. Jeder soll sich eintragen. Es gibt drei Spalten: Moslem/Serbe/Kroate.
Elvira macht eine neue Rubrik „Weiß nicht“ dazu.
Ana schreibt „Jugoslawe“ als fünfte Rubrik.
Und einer schreibt als sechste Rubrik „Fickt euch alle“.
Es geht um den Krieg „vor unserer Haustür“, wie es damals geheißen hat. Man würde es schiessen hören, bis zu uns, haben sie in der Steiermark gesagt.
Ich hab im Mai 1993 Rechnungswesen für die Matura gelernt und zwischen den Bilanzen (Soll und IST), die Ohren gespitzt. Schüsse waren keine zu hören. Aber das war ja auch irgendwie ganz weit weg dieser ganze Krieg. Surreal.
Erst als mir der junge Mann im Herbst die Nadel an den Arm gesetzt hat. Da war er plötzlich nah, der Krieg. Woher er käme, habe ich gefragt, um abzulenken vor meiner Angst vorm Blutspenden beim Roten Kreuz. Er war aus Bosnien.
Und neugierig habe ich nach seiner Familie gefragt.
Alle tod, hat er gesagt. Vater. Mutter. Schwester. Oma. Opa. Alle.
Nur er konnte fliehen.
Still ist er dann bei mir gesessen, während mein Blut langsam in den Beutel rein und gleichzeitig meine Tränen raus sind. Sehr still.
„Herkunft“ ist ein grossartiges Buch von Sasa Stanisic. Zu Recht den deutschen Buchpreis bekommen!
Und die beste Lektüre um am Nationalfeiertag unsere Neutralität und Freiheit zu feiern und sehr dankbar zu sein dafür.
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