Ich find es ja prima direkt mit dem Handtuch am Strand zu liegen. Ohne Liege. Weil da ist immer erste Reihe fussfrei zum Meer und ich hab keinen Stress mit dem reservieren der Liegen. Da kann sich die Mutti mal morgens entspannen, sag ich immer….
Allerdings hat der Gatte so eine Auffälligkeit in Punkto Sand. Die mussten den schon als Kleinkind in Spanien direkt aus dem Meer heben und frei schwebend über den Strand auf das Handtuch hieven. Kein Körnchen Sand durfte mit ihm in Berührung kommen. Falls doch, musste der kleine Prinz mit Wasser übergossen und gespült werden. Aus dem Sandspielbecher oder dem Sangria Kübel. Was eben grade in der Familie zur Hand war. Zweiteres eher….
Auch unser Kind hat nach den ersten Tagen Handtuch am Strand angemerkt, dass es gerne mal, wie die normalen Gäste, hier auf einer Liege liegen würde. Mit Schirm und Tischerl in der Mitte.
Oiso habe ich frühmorgens den Tatort aufgesucht. Strandliegen! Und da hat sich wieder eines bewahrheitet: beim Tatort und im Fussball sind die Deutschen einfach besser als wir! Ich war um 08.30 natürlich viel zu spät.
Jede Liege belegt! Aber nicht irgendwie belegt, sondern nach einem ausgeklügelten Muster, das ich sofort durchschaut habe: Mann – Buch – Mann – Buch.
Auf jeder zweiten Liege, ein herrenloser Mann. Ich hab schon vieles gesehen, in meiner langjährigen Erfahrung als Liegenchecker, aber das ist selbst mir neu. Warum legen die da ihre Männer ab???
Neugierig streife ich also durch die Reihen auf der Suche nach freien Liegen. Buch – Mann – Buch, wie ein offener Bücherschrank, ein Paradies für mich! Der Spruch „du kannst in mir lesen wie in einem offenen Buch“ trifft nie besser zu. Ohne die Menschen hinter den Reservierungen zu kennen, erstelle ich, als glasklarer Profiler, astreine Psychogramme anhand der abgelegten Bücher. Da die Krimi Fraktion, Fitzek & Co. Die lesen gern im Urlaub, sonst kommt man ja zu nix. Dort die Romane wie „die Geschichte der Bienen“ oder „der Gesang der Flusskrebse“. Das sind schon interessierte Vielleser. Eher so in meinem Alter aufwärts.
Dann die frechen, frischen Frauenromane. Cover gerne in Türkis oder Rosa gehalten. Jungmütter mit wenig Zeit zum Lesen und wo man nur das Hirn auslüften will.
Dann „Global Business Relations“, das sind die, mit den aufgestellten Polohemdkrägen, die mit dem Handy am Ohr gschaftig im Vorgarten ihrer privaten Beachvilla auf und ab gehen und internationale Befehle durchgehen.
Und gibt es noch die „Cafe am Rande der Welt“ Leser. Die vom Aussteigen aus dem Hamsterrad träumen. #yolo (you only live once) und das ganze aber vor dem Background von geregelten Essenszeiten hier im Club.
Und dann dazwischen die Männer. Allein. Besitzerlos.
Meine Freundin (Single) hat mir gestern aus Wien eine Nachricht geschickt. Ich soll ihr hier einen klarmachen und mitbringen. Liebe Frau Anonym. Das wird schwierig.
Die haben ja alle rechtmäßige Besitzerinnen.
Später, als ich wir nach dem Frühstück die Liegen wieder aufsuchen, löst sich das Rätsel um die freiliegenden Männer.
Unsere reservierte Liege ist nämlich leer. Handtuch weg. Mein Buch weg. Nur ein Zettel pickt drauf, wo man gebeten wird keine Liegen zu reservieren und dass das Personal so freundlich ist, nach 45 Minuten die freien Liegen abzuräumen. Man könnte dass dann gerne bei der Handtuchabgabe wieder abholen.
Und jetzt versteh ich auch endlich, warum die Frauen ihre Männer hier ablegen!
Ois hams schon erfunden. Die Menschheit fliegt ins All. Aber die Sache mit den Strandliegen, hat noch keiner schlau in den Griff gekriegt.
Liebe Freundin Anonym, ich schau dann mal zur Handtuchabgabe, ob da einer für dich abzuholen wäre….